Im nachfolgenden Interview schildert Thomas M. (35 Jahre) seine Erfahrungen vor und nach der Diagnose Lichen Sclerosus.
Hallo Thomas, wann hast du von der Diagnose Lichen Sclerosus erfahren? Ich bin vor etwa 7 Jahren an Lichen Sclerosus erkrankt, eine ärztliche Diagnose erhielt ich allerdings erst 2 Jahre nach Krankheitsausbruch.
Warum wurde die Diagnose so spät gestellt? Nun ja, am Anfang war nur mein inneres Vorhautblatt betroffen. Die Hautfarbe wurde nach und nach heller. Zunächst fand ich das gut, da mein inneres Vorhautblatt vorher meist leicht rötlich war und ich interpretierte die Hautfarbenänderung als Beruhigung der Haut durch weniger Reizung. Da sah ich noch keinen Grund einen Arzt aufzusuchen, zumal ich keine weiteren Beschwerden wie Schmerzen oder einen Juckreiz hatte.
Wann hat sich das geändert? Nach einer stressigen Phase auf der Arbeit wurde die Vorhaut an einer Stelle deutlich enger und die Haut weiss. Ich konnte zwar die Vorhaut normal zurückziehen, habe aber da zum ersten Mal realisiert, dass das nicht normal ist und vereinbarte einen Termin beim Urologen. Er verschrieb mir eine Pilzsalbe und ich war zunächst erleichtert.
Hat die Therapie mit der Pilzsalbe geholfen oder wurde die falsche Diagnose gestellt? Die Krankheit ist zu diesem Zeitpunkt nicht erkannt worden, obwohl man, wie ich jetzt weiss, auf diesen Verdacht hätte kommen müssen oder zumindest hätte kommen können. Die Pilzsalbe habe ich mehrere Wochen aufgetragen, ohne Erfolg.
Wie hast du dich zu diesem Zeitpunkt gefühlt? Ich wurde nervös und es ging mir schlecht. Dabei wusste ich damals noch nicht, welche Herausforderungen noch auf mich warten würden…Die Hautstruktur änderte sich, es bildeten sich weiße, leicht verhärtete Knoten/Punkte, zudem bildete sich ein weisser Ring um die Vorhaut. Die Vorhaut wurde noch enger. Ich konsultierte einen anderen Urologen. Dieser stellte bei Sichtprüfung die richtige Diagnose Lichen Sclerosus und riet zu einer schnellstmöglichen Zirkumzision.
Wie hast du darauf reagiert? Ich habe mich als erstes im Internet über die Krankheit informiert. Im Rückblick war das eine sehr schwere Zeit. Ich wollte die Diagnose von einem Dermatologen bestätigt haben und vereinbarte einen Termin. Er kam zu demselben Diagnoseergebnis und verschrieb mir eine stark kortisonhaltige Salbe als Versuch, die Krankheit konservativ zu behandeln.
Und, hat die konservative Therapie etwas gebracht? Zunächst ja, es ist wenigstens nicht schlimmer geworden. Allerdings breitete sich die Krankheit über Monate und Jahre auf das äußere Vorhautblatt und die Eichel aus, auch dort wurde die Haut weiss und dünn. Der betroffene Bereich auf der Eichel wurde nach und nach größer und drohte den Harnröhrenausgang zu erreichen. Da musste ich mich dringend beschneiden lassen.
Bereust du den Schritt der Zirkumzision? Die Zirkumzision ist nun 3 Jahre her. Mein Leben hat sich seitdem komplett verändert. Die Krankheit Lichen Sclerosus wurde dadurch gestoppt, zumindest bis jetzt. Das ist toll. Auf der anderen Seit hat sich meine Lebensqualität nur langsam verbessert.
Warum das? Ich habe mich leider erst 4 Jahren nach Krankheitsbeginn beschneiden lassen. Da zu diesem Zeitpunkt fast die komplette Vorhaut erkrankt war, kam nur eine radikale Zirkumzision in Frage. Dies hatte für mich persönlich psychische Folgen, ich litt unter der Vorstellung, ich würde nicht mehr optimal wie ein Mann „funktionieren“. Meine Eichel war in einer ersten Phase sehr empfindlich und hat immer an der Unterhose gescheuert, das war sehr unangenehm. Ich hatte furchtbare Angst, nie mehr richtigen Sex haben zu können.
Welche Auswirkungen hatte die radikale Beschneidung effektiv auf dein Leben? Meine eigene Sexualität war zunächst über einige Zeit nach der Beschneidung belastet, ich musste erst lernen mit dem neuen „Zustand“ umzugehen. Im Rückblick waren die psychische Belastung und die Ängste, die ich hegte, grösser als die effektiven körperlichen Auswirkungen. Aber die latente Angst, dass die Krankheit zurückkommt, trotz der Beschneidung, die bleibt, denn ich habe zu lange mit der Beschneidung zugewartet.
Was würdest Du anderen Männern raten, die auch mit der Diagnose Lichen Sclerosus konfrontiert sind? Ich denke, viele betroffene Männer schweigen, weil es unangenehm und schwer ist, über eine derartige Krankheit zu sprechen. Vielen ist es sehr peinlich, wobei sie ja nichts dafür können, LS zu haben ist einfach Pech, es hat nichts mit sexuellem Verhalten oder mangelnder Hygiene zu tun. Ich denke auch, einige Männer sind im männlichen Stolz arg verletzt nach einer solchen Diagnose und müssen erst selber damit klarkommen. Es ist aber sicher ein Fehler, keine Hilfe zu suchen. Ich persönlich wünschte, ich wäre vor 7 Jahren direkt zum Arzt gegangen, anstatt so lange zuzuwarten.
Danke Thomas für das Interview.
Erfahrungsberichte weiterer Männer finden sich im passwortgeschützten Bereich der Hauptseite www.lichensclerosus.ch